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Holakratie – Fluch und Segen einer Unternehmensform

Ist Holakratie die Organisationsform der Zukunft? Wir dadurch die nötige dynamische Steuerung und evolutionäre Weiterentwicklung des Unternehmens ermöglicht?


Datenschutz, künstliche Intelligenz, wirtschaftspolitische Unsicherheiten – Unternehmen müssen 2019 eine Vielzahl an komplexen Herausforderungen meistern. Neben Innovation und Qualität ist da vor allem eines gefragt: Flexibilität. Schnell auf Veränderungen zu reagieren, ermöglicht es Unternehmen adäquat zu wirtschaften. Doch wie kann diese Flexibilität im Unternehmen umgesetzt werden? Holakratie gilt derzeit als Schlüssel zum Erfolg auf dem Arbeitsmarkt. Was steckt hinter dem Trend?

Holakratie: Was ist das?

Der Begriff Holakratie oder Holacracy beschreibt eine revolutionäre Organisationsform für Unternehmen. Holakratie schafft Hierarchien ab und überträgt so die Verantwortung auf die Mitarbeiter. Diese erhalten partizipative Beteiligungsmöglichkeiten und stimmen sich in sogenannten Kreisstrukturen ab.

Ein Unternehmen wird bei der Holakratie also nicht mehr zentral gesteuert, sondern verteilt die Kontrolle auf verschiedene Rollen – ganz nach dem Vorbild der Natur. Dynamische Steuerung ist hier das Stichwort. Dadurch soll eine evolutionäre Weiterentwicklung des Unternehmens ermöglicht werden.

Die Evolution der Arbeitswelt

Werfen wir einen Blick in die Natur sehen wir meist tagein tagaus dasselbe: Wolken am Himmel, Bäume im Wald, Vögel in der Luft und eine Katze hinter jeder Strassenecke. Was nach Routine aussieht, ist jedoch seit Jahrtausenden immer wieder grossen Veränderungen ausgesetzt. Diese Veränderungen oder Spannungen dienen unserem Ökosystem als Impulse zur Weiterentwicklung, kurz gesagt: der Evolution. Indem unsere Tier- und Pflanzenwelt sich immer wieder neu anpasst, kann sie Veränderungen standhalten und sich gegen Rückschläge behaupten. Doch was hat die Evolution mit unserem Arbeitsleben zu tun?

Auch unsere Arbeitswelt ist ständigen Veränderungen ausgesetzt. Ob uns ein neues Datenschutzgesetz das Leben schwer macht oder wir im Rosenkrieg mit einer künstlichen Intelligenz liegen, Spannungen zwischen Bekanntem und Unbekanntem tauchen immer wieder auf. Diese Spannungen sollten wir jedoch nicht als Störungen zu betrachten, sondern als Impulse für Veränderung und Wachstum.  Das ist nicht nur die Überlebensstrategie unseres Ökosystems, sondern auch der Grundsatz der Holakratie – einer neuen Form der Unternehmensführung.

Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt….

Unnütze Kommunikationswege abzuschaffen und veralteten Hierarchien den Rücken zu kehren ist sinnvoll, darüber sind sich Unternehmer einig. Wie effektiv es jedoch ist, den Kapitän vom Fahrplan zu streichen und die Crew alleine in See stechen zu lassen, führt aktuell zu heissen Debatten in der Geschäftswelt. Die Holakratie hat brennende Verfechter ebenso wie leidenschaftliche Gegner. Ihre Vorteile liegen dabei auf der Hand: Entscheidungen werden dort getroffen, wo die nötigen Kompetenzen liegen. Mehr Verantwortung beim Einzelnen führt meist auch zu mehr Eigeninitiative und einer beweglichen Unternehmensführung. Doch welche Nachteile bringt es mit sich, wenn jeder macht, was er will?

Entscheidungsfreiheit bedeutet Verantwortung

Das grösste Risiko einer Holakratie sind ihre Ausführer. Während manche Mitarbeiter an die Spitze der Firma streben, behagt es anderen mehr, feste Aufgaben zugeteilt zu bekommen: Es gibt Angestellte, deren Kompetenz darin besteht, Aufgaben zu delegieren, Projekte zu organisieren und Arbeitsbereiche zu koordinieren, während es das Talent anderer ist, spezifische Aufgaben passgenau auszuführen. Kurzum: Ein klassisches Unternehmen profitiert oftmals von einem gewissen Verantwortungsgefälle. Gibt es niemanden, bei dem die Kommunikationswege zusammenlaufen und Verantwortungsbereiche ineinander übergehen, hat dies Konsequenzen. So gerät ein gemeinsames Ziel nicht nur oftmals ausser Sicht, sondern einzelne Mitarbeiter können sich dadurch einem zu grossen Druck ausgesetzt fühlen. Nicht jeder möchte selbst entscheiden müssen und die entsprechende Verantwortung tragen.

Komplexe Strukturen verlangen ausreichende Ressourcen

Zudem scheitern Unternehmen immer wieder mit der Holakratie, da die Unternehmensform sehr komplex ist und eine korrekte Ausführung oftmals nicht umsetzbar. Dies gilt vor allem bei grossen Mitarbeiterzahlen. So müssen Unternehmen, die einen Change-Prozess durchlaufen, Vorarbeit leisten und Ihre Mitarbeiter nach und nach von der Notwendigkeit eines Wandels überzeugen. Dies bedeutet, nicht nur Zeit und Geld zu investieren, sondern gemeinsam eine Übergangsphase zu gestalten, die genügend Raum für Diskussion und Nachfrage lässt. Die Holakratie ist jedoch so komplex aufgebaut, dass ein gewöhnlicher Changeprozess meist Fragen offen lässt und Mitarbeiter unvorbereitet vor ihre neuen Aufgaben stellt. Dass keiner in der Verantwortung ist, dieses Projekt nach der Übergangsphase zu koordinieren (es gibt dann keine Führungsebene mehr), lässt schon vermuten, dass Probleme entstehen können. Ist deswegen von einer Holakratie abzuraten?

Holakratie: Neues Evangelium oder doch eher sinkende Arche?

Wie die Zeitung Die Welt beschreibt, sehen “Befürworter in Holakratie das Neue Evangelium der Arbeit 2.0. Kritiker beurteilen die Systematik als perfekte technokratische Ablenkung vom Wesentlichen.” Welches Fazit können wir also ziehen?

Jede Krise in der Arbeitswelt, jede neue Herausforderung im Zuge der Digitalisierung lehrt uns: Unternehmen müssen sich weiterentwickeln. Die Metapher der Evolution ist hier von Brian Robertson sicherlich passend gewählt und macht uns darauf aufmerksam, dass Unternehmen heute mehr denn je dazu aufgefordert sind, Strukturen zu hinterfragen, Hierarchien zu lockern und Verantwortung nach Kompetenzen zu verteilen. Diese Ansätze finden sich auch im agilen Management wieder und weisen vielversprechende Erfolge auf. Dass transparente Prozesse und organisierte Rollenverteilung jedoch das Ausbleiben von Führungspersonal wettmachen kann, scheint zum jetzigen Zeitpunkt fragwürdig.

Finden Sie eine Unternehmensform, die zu Ihnen passt

Unser Tipp lautet deshalb: Erkennen Sie, an welchen Stellen Ihr Unternehmen flexibler werden kann und und wo Sie Ansätze der Holakratie übernehmen möchten. Versuchen Sie aber nicht im Handumdrehen einen Unternehmenswandel durchzusetzen, für den Ihr Unternehmen noch nicht bereit ist. Finden Sie stattdessen gemeinsam mit Ihren Angestellten heraus, wie Sie am effektivsten arbeiten können und nehmen Sie sich genügend Zeit für den Change-Prozess – eine Evolution vollzieht sich schliesslich auch nicht von heute auf morgen.

Sie möchten Ihr Unternehmen agiler gestalten, wissen aber nicht wie ? Hier erklären wir wie es gelingt.

Sie haben verstanden, worin der Grundgedanke der Holakratie besteht, aber möchten tiefer ins Thema eintauchen? Das Video von Board Studios bietet eine ausführliche Übersicht.

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