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Das Bore-out: Peter ist mehr als nur gelangweilt

Erfahren Sie, wie Sie das Bore-out-Syndrom erkennen und dagegen vorgehen können. Entdecken Sie die Ursachen, Symptome und Folgen für Mitarbeiter und Unternehmen.


Dass viele bei der Arbeit gestresst sind, ist heute ganz normal. Stress bei der Arbeit ist sozial erwünscht und zeigt, dass man gebraucht wird. Arbeitnehmer, die an einem Burn-out leiden werden fast bewundert für die harte Arbeit, die sie geleistet haben – bis ans Limit und darüber hinaus. Doch was ist, wenn man am Gegenteil leidet? Wenn man bei der Arbeit ständig gelangweilt und chronisch unterfordert ist? Wir erklären Ihnen, was es mit dem Bore-out auf sich hat und was man dagegen unternehmen kann.

Peter wollte eigentlich Polizist werden, das hat aber nicht geklappt. Nun ist er Sachbearbeiter im Büro. Er arbeitet dort bereits eine Weile, doch die Arbeit bereitet ihm kaum noch Freude und das Unternehmen hat sich in letzter Zeit stark verändert. Neuer Chef, andere Aufgaben und darüber hinaus auch Stellenstreichungen. Peter ist gelangweilt, denn er hat nicht genügend Aufgaben, doch was würde der Vorgesetzte sagen, wenn er wüsste, dass Peter so wenig zu tun hat? Bestimmt auch seine Stelle streichen! Aus Angst vor einer Kündigung vertuscht er seine Langeweile und fängt an, seine Aufgaben möglichst lange hinauszuzögern. Peter ist gelangweilt und dennoch hat er konstant das Gefühl gestresst zu sein. Leidet er etwa an einem sogenannten Bore-out?

Was zeichnet das Bore-out-Syndrom aus?

Das Bore-out-Syndrom (englisch boredom: Langeweile, bzw. deutsch “Ausgelangweilt-Sein”) wird als Gegenstück zum Burn-out-Syndrom charakterisiert. Es bezeichnet einen Zustand ausgesprochener Unterforderung am Arbeitsplatz. Der Begriff wurde 2007 von Philippe Rothlin und Peter Werder definiert und mit dem Buch “Diagnose Boreout” zum ersten Mal der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Viele Forscher und Ärzte sehen das Bore-out eher als Modeleiden als eine ernst zu nehmende Krankheit oder psychische Störung. Trotzdem scheint das Bore-out-Syndrom ein Phänomen zu sein, dem man vor allem im Arbeitsumfeld Beachtung schenken sollte. Laut einem Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fühlen sich 13 Prozent der Angestellten in Deutschland fachlich und fünf Prozentmengenmässig im Job unterfordert. Das hat nicht nur negative Auswirkungen auf Arbeitnehmer, sondern auch auf Arbeitgeber. 

Ursachen

Ein Bore-out kann verschiedene Ursachen haben, aber meist resultiert daraus ein Teufelskreis, aus dem der Betroffene nur schwer wieder hinausfindet. Peter sind zum Beispiel im Laufe einer Umstrukturierung die interessanten Aufgaben weggenommen worden. Gerade wegen der Umstrukturierung kann er das aber im Büro nicht thematisieren, ohne seinen Arbeitsplatz gefährdet zu sehen oder sogar als faul zu gelten. Dies führt zu einer paradoxen Situation – Arbeitnehmer, die am Bore-out leiden, bleiben abends möglichst lange im Büro, um ihre Stelle rechtfertigen zu können, obwohl sie nichts zu tun haben. Oft sind Personen betroffen, die in einem Büro am Computer arbeiten, da der Arbeitgeber nicht genau nachvollziehen kann oder nur mit erheblichem Kontrollaufwand, was ein Angestellter den ganzen Tag macht. Peter nutzt also seine Arbeitszeit, um private Mails zu schreiben, den nächsten Urlaub zu buchen oder Online-Games zu spielen. 

Eine zentrale Ursache für die Entstehung eines Bore-outs ist eine mangelnde Übereinstimmung der Person mit dem Arbeitsplatz („Person-Job-Mismatch“). Wer dann die Unterforderung beim Vorgesetzten anspricht, riskiert mit Aufgaben überhäuft zu werden, die keinen Spass machen. Die Langeweile wird also lieber versteckt. Das führt zu einem Leerlauf, der im Arbeitnehmer ein Gefühl der Leere auslöst. Als wertvolles Mitglied der Gesellschaft zählen nur diejenigen, die ihren Beitrag leisten. Die Betroffenen greifen somit zu Strategien, um Auslastung vorzutäuschen, empfinden ihre Situation dennoch als aussichtslos. 

Die Betroffenen

Peter leidet an einem Bore-out, aber er ist keineswegs faul! Er war immer sehr leistungsorientiert und -fähig und neigt zu Überengagement. Und genau da liegt das Problem: Stark leistungsorientierte Personen leiden enorm unter Langeweile und Unterforderung bei der Arbeit – denn sie wollen etwas leisten und beitragen, werden aber durch mangelnde Aufgaben geradezu “faul gemacht”. Peter hat innerlich schon längst gekündigt, fühlt sich aber aufgrund seines hohen Pflichtbewusstseins trotzdem dem Unternehmen gegenüber verpflichtet. Trotz Langeweile und Unterforderung bleibt er in seinem Job und leidet still. Bore-out Betroffene empfinden die Langeweile oft als fehlendes Gebraucht-Sein und fühlen sich dumm und abgewertet. Ihre Kompetenzen werden nicht benötigt, weil keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Aufgaben stattfindet. 

Symptome

Ein sogenanntes Bore-out kann fast dieselben Symptome haben wie sein Gegenstück, das Burn-out. Die extreme Langeweile am Arbeitsplatz jeden Tag aufs Neue zu verstecken, ist auf Dauer anstrengend. Peter leidet mittlerweile an Schlaflosigkeit, Verdauungsproblemen, Kopf- und Rückenschmerzen, Niedergeschlagenheit und Infektionsanfälligkeit. Er hat zu wenige Aufgaben, fühlt sich aber auch inhaltlich nicht gefordert. Dieses Gefühl löst bei ihm regelmässige Angstzuständen aus. Die Symptome eines Bore-outs sind für alle Betroffenen unterschiedlich und sind deswegen für Vorgesetzte oder Kollegen nicht einfach zu erkennen.

Folgen für das Unternehmen 

Das Boreout-Syndrom hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Betroffenen, sondern auch auf Unternehmen. Diese können nicht das ganze Potenzial des Mitarbeiters nutzen, weil das wahre Potenzial nicht erkannt wird. Mitarbeiter, die an dem Syndrom leiden, wechseln teilweise zu einem anderen Unternehmen, in dem sie sich besser entfalten können oder sie bleiben und sind unzufrieden und erbringen wenig Leistung, weil sie innerlich schon gekündigt haben.

Was kann man gegen ein Bore-out tun?

Oftmals wird ein Bore-out erst sehr spät diagnostiziert. Fatal, denn bei Betroffenen, die zu lange in dieser Situation feststecken, kann tatsächlich eine Dequalifizierung stattfinden. Dies führt schlussendlich dazu, dass sie auch in einem neuen Job ihre vorherige Leistungsfähigkeit nicht mehr erreichen können und sich selbst überfordern. 

Wie kann man einem Bore-out vorbeugen?

  • Verantwortung übernehmen: Führungskräfte und Vorgesetzte sollten konkrete Leistungen bewerten und nicht, wie lange jemand an seinem Arbeitsplatz sitzt.
  • Offene Kommunikation: Es muss unbedingt offen über das Thema gesprochen werden, sodass Betroffene möglichst wenig Scham empfinden. Arbeitnehmer sollten Unterforderung frühzeitig thematisieren und selber über Massnahmen oder Erweiterungen des Tätigkeitsbereichs nachdenken.
  • Ausgleich finden: Es kann sehr hilfreich sein, wenn sich Betroffene in der Freizeit einen intellektuellen Ausgleich suchen.

Das Bore-out-Syndrom darf auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden, weder von Betroffenen noch von Vorgesetzten. Peter kann sich endlich eingestehen, dass es so für ihn nicht weitergehen kann und hat selbst eine Lösung für sich gefunden: Er überwindet seine Ängste, verlässt seinen Job und meldet sich für das Aufnahmeverfahren an der Polizeischule an. 

Weitere Informationen

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